Britische ForscherInnen haben nun zwei Medikamente entdeckt, die alle neurodegenerativen Erkrankungen bei Mäusen zu verhindern scheinen. Das Interessante daran ist: Diese Medikamente sind  bereits in verschiedenen Stadien in Verwendung bzw. in menschlichen klinischen Studien erforscht.

Wenn ein Virus eine Gehirnzelle befällt, bringt er die Zelle dazu, Virus-Proteine zu produzieren. Um die Verbreitung des Virus zu stoppen, fahren die anderen (noch nicht betroffenen) Zellen ihre Proteinproduktion vollkommen herunter. Bei neurodegenerativen Erkrankungen kommt es ebenfalls zur Produktion von fehlerhaften Proteinen, die Abwehrkräfte des Gehirns reagieren ähnlich – nur dass hier die Proteinproduktion so lange heruntergefahren wird, bis die „guten“ Zellen nach und nach absterben.

In einer ersten Studie nutzten die ForscherInnen einen Wirkstoff, der diesen Abwehrmechanismus verhinderte. Dadurch konnte der Fortschritt einer Form der Prion-Krankheit bei Mäusen gestoppt werden. Dies geschah im Jahr 2013 und markierte einen wichtigen Fortschritt: Nie zu vor war es gelungen, den Fortschritt einer neurodegenerative Krankheit in einem Tier zu stoppen. Das Problem: Der Wirkstoff griff dabei auch die Bauchspeicheldrüse zu stark an. Daher machten sie sich auf die Suche nach weiteren Wirkstoffen und Medikamenten.

Seither hat das Team über 1.000 fertige Medikamente an Fadenwürmern, Mäusen und schließlich auch menschlichen Zellen in einer Glasschale getestet. Zwei davon konnten den Fortschritt einer Form von Demenz und Prion-Krankheit stoppen. Ein Medikament davon ist bereits im Handel: Trazodone (Thombran [D], Trittico [CH, A EU]) wird Menschen mit Depression verschrieben. Prof. Malluci, eine der ForscherInnen, betont aber, dass man auf gar keinen Fall mit der Einnahme des Medikaments zur Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten beginnen soll, bevor ausreichend Testresultate vorhanden sind:“As a professional, a doctor and a scientists, I must advise people to wait for the results. Das andere Medikament, DBM, wird aktuell an Krebspatienten getestet. Die Wirkung ist wie bei jenem Wirkstoff aus dem Jahr 2013 – nur dass Trazodone und DBM dabei die Bauchspeicheldrüse nicht angreifen.

Eine Heilung wird es wohl nicht geben – aber es könnte den Verlauf von Krankheiten in großem Ausmaße verändern und abmildern.

„We’re very unlikely to cure them completely, but if you arrest the progression you change Alzheimer’s disease into something completely different so it becomes liveable with.“ (Prof. Mallucci, bbc.com)

ExpertInnen sind gespannt auf die weiteren Forschungen zu diesen Medikamenten. Dr. Doug Brown von der „Alzheimer’s Society“ betont, dass vor allem der Umstand, dass Trazodone bereits für eine andere Erkrankung im Handel ist, eine Zulassung als Medikament für neurodegenerative Erkrankungen deutlich kürzer als gewöhnlich dauern würde. Dr. David Dexter von „Parkinson’s UK“ erfreute sich über die „very robust and important study“ und spricht, bei erfolgreichem Test an Menschen natürlich, von einem sehr großen Schritt vorwärts.


Weiterführende Links und Quellen:

Bildquelle: CC0 Public Domain, CooliN00B, Pixabay

2 Kommentare zu „#115 Medikamente stoppen Fortschritt bei neurodegenerativen Hinkrankheiten wie Demenz

  1. Guten Tag.
    Mich würde interessieren, ob es nun Studien gibt, die Patienten, die bereits Trazodon einnehmen, bzgl Demenz mit gesunden Menschen vergleichen.
    Trazodon ist ja ein häufig verschriebenes Medikament.
    Danke und freundliche Grüße.

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    1. Guten Tag, Frau Höninger,

      Ich habe bei meiner heutigen Recherche noch keine Studien gefunden, die sich genau das ansehen. Zugegeben, Sie haben natürlich Recht – Trazodon wird häufig verschrieben. Aber da die Entdeckung ja erst im April passierte und klinische Studien stets eine Vorlaufzeit, eine Umsetzung und eine Zeit für die Auswertung benötigen, wäre ich aber schon überrascht, wenn das nun schon so schnell gehen würde. Sobald ich etwas finde, melde ich mich bei Ihnen und update den Artikel hier.

      Liebe Grüße

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